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„Die Medien sind halt da.“

Wie geht man mit einem Hype um, Aylin Yaren?

Im großen Kinosaal des Babylon sitzen ein paar hundert Leute. Die sind da, weil sie Kurzfilme sehen wollen. Für die Pause wird Aylin Yaren angekündigt. Bitte wer? Aylin ist das Mädchen auf dem Plakat des diesjährigen 11mm-Fußballfilmfestivals, sie zeigt Fußballkunststücke für den Kinotrailer dazu. Ach, das war kein Trick, das war echt? Das waren nur Tricks und nichts als Tricks. Das war echter Trickfußball. Die kann das aber wirklich, dieses Ball stoppen und Jonglieren und Balancieren und in der Luft halten mit so ziemlich jedem Teil ihres Körpers? Ja, sie kann.

Aylin ist von Beruf Freestyle Girl. Sie tritt im Rahmenprogramm größerer Events auf und zeigt, was man mit einem Fußball so alles anstellen kann. Das wirklich ungewöhnliche an ihr: Sie begeistert Frauen und Männer, Jungen und Mädchen gleichermaßen. Auf Aylin Yaren können sich alle einigen. So unangestrengt sähe man die Nationalspielerinnen um Silvia Neid auch gerne mal. Wenn das Frauenfußball ist, sollten Frauen nichts anderes mehr machen.

Dennoch wirkt Aylin im ersten Moment fast schüchtern, als sie die Bühne betritt. Sie lächelt unter ihrer Mütze hervor, antwortet brav auf alle Fragen des Veranstalters, redet über ihre Sponsoren und ihren Ausstatter. Eine ideale Werbeträgerin. Ihr Wesen verändert sich, sobald sie einen Ball vor die Füße bekommt. Mit Ball ist sie eine andere. Konzentriert, selbstbewusst, geschmeidig. Ihr Lachen danach ist strahlend und gelöst. Sie weiß, dass sie gut ist. Und gerade eben ist ihr etwas gelungen.

Alles, was sie macht, sieht leicht aus. Als würden die Regeln der Schwerkraft für sie nicht gelten. Wasser fließt bergauf und Bälle fallen nach oben. Ein einfacher Weg ist es trotzdem nicht, den sie da beschreitet. Ihr spektakulärer Auftritt im ZDF-Sportstudio, bei dem sie 2007 Franck Ribery beim Torwandschießen besiegte, markiert den Beginn ihrer Freestyle-Karriere. Inzwischen hat sie Auftritte in ganz Deutschland. Und 2011 ist ihr Jahr. Die mediale Aufmerksamkeit ist so hoch wie nie zuvor. Sie war eines der Aushängeschilder der Fußballweltmeisterschaft der Frauen. Während dieser Zeit war sie ausgebucht, trat fast an jedem Tag in einer anderen Stadt auf. Ob das Spaß macht? Ja, sagt sie. Denn die Auftritte mag Aylin, ihre Freude am Freestyle ist ungebrochen und der Zuspruch des Publikums nach wie vor groß. Langweilig sind nur die endlosen Zugfahrten. Und ab und an eine Verschnaufpause wäre gut. Mal nach Hause fahren.

Das wird jetzt nach der WM ruhiger, glaubt sie. Auch wenn sie schon wieder Termine für den Monat August hat. Aber eben nur die üblichen drei oder vier. Das ist mit ihrem Trainer so vereinbart. Ihr Trainer ist Jürgen Franz. Aylin ist nicht nur Freestylerin, sondern auch Mittelfeldspielerin bei den Frauen des 1.FC Lübars. Im Spiel, sagt sie, braucht man die Tricks eigentlich nicht. „Ich kann mich ja nicht hinstellen und sagen, wartet mal ’nen Moment, ich möchte hier noch einen Trick machen. Aber das Ballgefühl, den Ball annehmen und mitnehmen, das braucht man schon.“ Sie versucht, zu jedem Training, zu jedem Spiel da zu sein. Das ist anstrengend und bedeutet im Extremfall, vom Bahnhof direkt zum Fußballplatz zu fahren. „Aber ich gehöre zur Mannschaft dazu.“ Solange ihre Leistung stimmt, wird ihr besonderer Weg akzeptiert.

Hat sie Angst, ähnlich wie Fatmire Bajramaj erst bejubelt und dann auf die Bank gesetzt zu werden? Ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit ist Aylin gewöhnt. „Die Medien sind halt da.“ Das findet sie in Ordnung, relativiert aber gleich: „Es ist nicht so, dass hier tagtäglich Reporter anrufen.“ Es ist elf Uhr mittags und ich bin an dem Tag die erste, erfahre ich.

Das Freestylen hat sich Aylin selbst beigebracht. Jetzt gibt sie manchmal Workshops für Jungen und Mädchen, kann sich für später eine Trickschule für Kinder vorstellen. Sie weiß, dass sie vielen ein Vorbild ist. „Ich ermutige Talente, wenn ich sehe, eine hält den Ball gut hoch.“ Eine Ausbildung hat sie bisher nicht abgeschlossen. Ihr Traum ist es, erzählt sie zum Schluss, in Berlin ein Fußballcafé zu eröffnen. Zur nächsten Weltmeisterschaft der Herren. Zusammen mit ihrem Bruder.

4 Kommentare zu “„Die Medien sind halt da.“

  1. Textilvergehen eben.

    Danke.

  2. Danke Steffi.
    Guter Stoff.

  3. Großartig die junge Dame. Sehr beeindruckend.

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