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Sich verkaufen. Aber bitte mit Identität.

Es tut sich etwas in Berlin. Gemeinsam mit dem Basketballklub Alba und dem Eishockeyverein Eisbären Berlin eröffnet Hertha BSC einen Fanshop im Foyer des Berliner Ostbahnhofs. Es ist bereits der siebte Fanshop von Hertha in Berlin. Allerdings nicht der erste in Berlins ehemaligen Osten. Nur zwei Stationen mit der S-Bahn entfernt gibt es im Kaufhaus am Alexanderplatz ebenfalls die Möglichkeit, Merchandisingartikel zu kaufen.

Interessant ist, dass sich die drei größten Vereine ihrer Sportart, die sich als „Die Drei von der Spree – Hauptstadtclubs“ vermarkten, zusammengetan haben. Der Sinn erschließt sich jedem, der das Bahnhofsfoyer betritt. Fast in der Mitte befindet sich der rundum verglaste Verkaufsraum. Die Halle der Eisbären befindet sich in der Nähe. Es ist ein Ort, an dem viele Reisende halten. Hier wird sich mit Souvenirs eingedeckt. Da hat es für die drei Vereine Sinn, sich zu präsentieren und wahrgenommen zu werden. Und für die Fans gibt es die Möglichkeit, bequem Eintrittskarten zu kaufen.

Wer einmal für Fanartikel extra in den über zehn Kilometer vom Ostbahnhof entfernten einzigen Fanshop des 1. FC Union Berlin gefahren ist, wird sich fragen, warum Union nicht mitgemacht hat. Wie Unions Presseprecher Christian Arbeit bestätigte, gab es das Angebot an den Verein, sich ebenfalls an dem Projekt zu beteiligen. Aber trotz mehrfacher Vorstellungen des Konzeptes habe man sich dagegen entschieden. Christian Arbeit nennt auch den Grund dafür: „Weil es nicht zu uns passt.“

Natürlich vergibt der Verein damit eine Chance auf einen zentralen Standort und der daraus folgenden Wahrnehmung. Betrachtet man sich allerdings die Größe des Ladens genauer, wird klar, wie schmal die Möglichkeit einer Präsentation wäre. Mehr als ein normaler Auftritt mit ein paar Souvenirs im Regal und einigen Trikots und T-Shirts wäre nicht unterzubringen. Hinzu kommt ganz im Unterschied zu den Eisbären oder Alba, dass Hertha ein direkter Konkurrent in der Sportart wäre. Da gilt es, sich auch abzusetzen und deutlich zu machen, warum man Fußball im Stadion an der Alten Försterei sehen müsse und nicht im Olympiastadion.

Eine Frage wird sich Union allerdings stellen und für sich beantworten müssen. Wenn eine bestimmte Art nicht zu Union passt, welche Präsentation passt dann zu Union? Die Argumente gegen eine Zusammenarbeit mit Hertha, Eisbären und Alba sind nachvollziehbar. Aber trotzdem möchte man natürlich wachsen. Dirk Zingler wird in der BZ auch damit zitiert, in welchem Bereich Union die Erträge steigern soll: „Vor allem im Bereich Merchandising gibt es Potential.“

Hier liegt die Verantwortung bei Doyoufootball, an die Union noch bis 2012 die Merchandisingrechte vergeben hat. Besonders glücklich ist man in der Anhängerschaft, die das Fanartikelangebot sehr kritisch betrachtet, nicht mit Doyoufootball. In der vor kurzem stattgefundenen Mitgliederversammlung ließ Präsident Zingler auch durchblicken, dass es wohl durch das Insolvenzverfahren bei Doyoufootball die rechtliche Möglichkeit gebe, den Vertrag zu kündigen, sollte die Firma ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommen können. Das hört sich bereits so an, als hätte der Verein einen Plan B in der Schublade. Denn nur eine Konzentration auf Köpenick würde wohl kaum Wachstumspotential versprechen.

12 Kommentare zu “Sich verkaufen. Aber bitte mit Identität.

  1. Witzig. Ich war heute im Ostbahnhof, sah den ehemaligen Blumenladen voller Hertha-Schals, Alba-Trikots und Eisbären-Zeug. Habe dann einen zweiten Blick riskiert um zu sehen, ob auch ein rot-weißer Schal aus Köpenick zwischen all den ungewohnten Farben liegt. Fehlanzeige. Und prompter Service: Nun weiß ich auch warum.

    Aber hätte irgendjemand ernsthaft etwas dagegen gehabt, wenn da ein Regal Union-Merchandise gestanden hätte? Immerhin muss doch unser Anspruch sein, uns auf lange Sicht, nicht nur durch Hertha-Mißgeschicke, als zweiter Fußballclub auf Augenhöhe in Berlin zu etablieren. Wenn Hertha nächste Saison wieder in der ersten Liga spielt und wir die Klasse gehalten haben, sind wir wieder die Kleinen aus Köpenick (sind wir ja auch jetzt, aber dann auch wieder auf dem Papier). Und in Sachen Sichtbarkeit in der Stadt wird das auch noch lange so bleiben, wenn man nicht auch die kleinen Schritte geht.

    Sicherlich wären es keine Rieseneinnahmen gewesen, die wir da aus den Taschen von vorbeireisenden Hannover-Frankfurt-Pendlern gezogen hätte – aber in Sachen Sichtbarkeit wäre das ein winzig kleiner Schritt nach vorne gewesen. Winzig klein – aber nach vorne.

    Gab es denn von Christian eine Begründung, warum das nicht „zu uns“ gepasst hätte? Ich hätte mich gefreut, einen kleinen Ritter neben den Herthinho-Figuren zu entdecken.

  2. @robert ich hatte sebastian die frage, ob die traditionalisten was dagegen hatten, ausgeredet, weil sie mir zu flach erschien. zumindest aber konnte man (bzw christian) sie nicht guten gewissens beantworten. vom stil her verstehe ich das „passt nicht zu uns“, und von den finanzen her auch. hätte man das geld, gäbe es sicher mehr fanshops, und möglicherweise an zentraleren orten. aber ich seh´s genau wie du, es ist einfach auch eine gute, weil prominente präsentationsfläche außerhalb des eigenen stadtteils. nee: wäre gewesen.

  3. Union geht hier den richtigen Weg. Union wird sich nicht von Hertha abheben können, nur weil sie NEBEN Hertha in einer Soße präsent sind. Union muss anders sein und seinen Weg gehen. Diese Art von Merchandisingauftritten haben jedenfalls nicht dazu geführt, dass sich die Zuschauerzahl verdoppelt hat. Diejenigen, die sich jetzt für einen Mainstream-Shop am Ostbahnhof aussprechen, hätten auch für ein Spiel im Oly plädieren müssen. Langfristiges pflegen einer Marke, geht vor kurzfristigen Geldeingängen. Das hat wohl auch UFA sports schon verstanden.

  4. @Svenne:

    Das mit dem „anders sein“ ist nicht die hilfreichste Keule, die geschwungen werden kann. Wie ich schon schrieb wären die unmittelbaren Einnahmen wohl vergleichsweise gering gewesen. Es geht mir auch gar nicht um die Einnahmen dabei. Nur wollen wir doch der zweite Hauptstadtclub werden, oder etwa nicht? Wenn uns aber keiner kennt und niemand wahrnimmt, dann wird das eher schwer.

    Den Vergleich mit dem Austragungsorts des Derbys musst Du mir nochmal näher erklären. Den habe ich nicht verstanden. Nur weil ich dafür bin, dass sich Union in der Stadt präsenter zeigt, hätte ich auch dafür sein müssen, das Spiel gegen Hertha zu verlegen? Erkläre mir diesen Schluss bitte.

    Und der achso böse „Mainstream“-Shop am Ostbahnhof sieht im übrigen nicht anders aus als unser Fanshop in Köpenick. Wenn Du sagst es geht um die langfristige Pflege einer Marke, dann hast Du da zwar Recht, aber wenn Deine Marke niemand kennt, dann kannste da pflegen bis zur endgültigen Abspaltung Köpenicks von Restberlin – bringt nix.

    Wie Steffi schon schrieb, hat der Verein momentan nicht die Mittel im großen Stil eigene lizenzierte Fanshops in Berlin zu eröffnen, um die eigene Marke in die Welt zu tragen. Und unter diesem Gesichtspunkt fand ich es mindestens schade wenn nicht gar unverständlich, eine Chance auszulassen, sich gemeinsam mit den anderen großen Vereinen Berlins an einem zentralen Punkt zu präsentieren.

  5. Nee @Robert, niemand lernt Union in einem Fanshop neben einem Schuhladen und einem McDonalds auf einem Bahnhof kennen. Besser über Leute, auf Abwegen und dann vielleicht tatsächlich mal live.
    Und wer dann einen sogenannten Fanartikel will, der braucht nicht mehr den Bahnhof. Die guten Dinge sind niemals die, die dich an jeder Straßenecke angrinsen.

  6. Ich finde eher den Punkt des derzeit gepflegten „splendid isolation“ diskussionswürdig. Die bewusste Nicht-Partizipation an „Berliner Events“ ist nur der Ausdruck dessen. Und dann beklagt man sich über mangelnde Lobby in der Stadt. „Selbst zur „be berlin-Kampagne“ auf einer Bande, für die die Kommune im übrigen zahlt, musste man zum Jagen getrieben werden.

  7. Ich sehe es ähnlich wie Svenne und Milan. Was bringt die Präsenz in einem 08/15-Fanshop? Kein Mensch braucht so etwas, weil wir eh schon bei Karstadt, Kaufhof und Intersport mit unserem Zeug vertreten sind. Man muss sich schon bewusst von seinen Mitbewerbern abheben, sonst sind wir doch ganz schnell an dem Punkt, nur als „kleine“ Hertha wahrgenommen zu werden. Natürlich müsste man diesen Weg noch konsequenter gehen und etwas vorsichtiger bei der Auswahl seiner Medienpartner sein. Denn wer a) sagt, sollte vor b) nicht zurückschrecken. Und B.Z. und 88,8 sind wohl genauso fragwürdig wie ein Fanshop von Alba, Eisbären und dem Hauptstadtclub.

  8. @svenne, @milan, @dk1982 der punkt war für mich nicht so sehr, beliebige berlinreisende zu gewinnen, sondern bereits zugeneigten unionern wie beispielsweise mir selbst wege zu ersparen. ich schaffe es nicht in allen fällen, für ein limitiertes derbytshirt mal kurz nach köpenick zu reisen und bin über ein bißchen entgegenkommen froh. drum wäre mir ein zentral gelegener fanshop durchaus angenehm. kaufhäuser, die das jeweils aktuelle trikot anbieten, helfen da nicht weiter.

    und @bunki: eben den punkt haben wir auch gesehen – wenn das nächste mal geld stadtseitig verteilt wird, sollte man zuvor dafür gesorgt haben, dass man ebenfalls bedacht wird.

  9. @steffi: Den Punkt akzeptiere ich ja gerne. Das es absolut bequemer wäre, nicht immer nach Köpenick zu müssen. Doch dann hätte ich gerne ein anttraktives Ladenkonzept, welches uns auch ein wenig von den Hertha-Shops abhebt. Aber, nicht in einem völlig austauschbaren Kommerzladen im Ostbahnhof. Das sollte einfach nicht unser Niveau sein :-)

  10. @dk1982 ich sage mal was ketzerisches: ein gemeinsamer fanshop hat natürlich auch den nachteil, dass sofort augenfällig wird, dass die vereine vielfach dieselben artikel in unterschiedlichen farben anbieten. sportvereinsmerchandising ist generell nicht so gut geeignet, sich von der masse abzuheben. aber wenn dann boone mal wieder so´n richtig lässiges textil entwirft, würde mich der neid der anderen durchaus freuen. eigenes ladenkonzept ist toll, klar. aber das muss man erstmal leisten können.

  11. […] die Sache mit einem gemeinsamen Fanshop glaube ich erst, wenn ich sie sehe. Das Experiment eines gemeinsamen Fanshops von Eisbären, Hertha und Alba im Ostbahnhof ist vor einigen Jahren bereits gescheitert. Die Zielgruppen haben einfach nicht viel […]

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