Blog State of the Union

Der Verein von Kevin Behrens

Union stand schon immer für Gemeinschaft, für dieses Familiäre. Und auch die Mannschaften verkörperten dies zumeist ein bisschen mehr als die Konkurrenz. Union-Fußball ist Fußball als Kollektiv, als Einheit, als Team. Gerade in den letzten Jahren unter Urs Fischer wurde dieser Teamgeist gefühlt nochmal auf eine neue Stufe gehoben. Trotz kontinuierlicher und enormer Fluktuation im Spieler-Kader betonten und betonen quasi alle Union-Spieler den großen Zusammenhalt, das positive Miteinander.

Klar, es wurden Fanlieder kreiert und Sprechchöre für einzelne Spieler angestimmt. Explizite Vergötterungen gingen aber nie wirklich über das obligatorische „Fußballgott“ hinaus, eine Superstar-Mania wie bei Klubs, die sich vom Selbstverständnis jedes Jahr in der Champions League wähnen, gab es nicht. Und auch jetzt ist dies nicht anders, auch wenn der derzeitige Hype um Kevin Behrens soweit geht, dass Union gerade der Verein von Kevin Behrens ist. Die Euphorie, die Kevin Behrens entfacht ist völlig angebracht und vollkommen verdient. Denn Kevin Behrens verkörpert natürlich sehr viele Attribute, die auch Union als Verein zugeschrieben werden können.

Kevin Behrens bei einem seiner ersten Auftritte in der Alten Försterei, Foto. Matze Koch

Kevin Behrens ist sicherlich kein Fußballer, dem übermäßiges fußballerisches Talent in die Wiege gelegt wurde, dessen Weg, dessen Karriereverlauf von einem Nachwuchsleistungszentrum linear nach oben, in die Fußball-Bundesliga verlief. Und dennoch führt Kevin Behrens nach zugegebenermaßen erst einem Spieltag die Torschützenliste der Fußball-Bundesliga an und wird in einigen Wochen zudem in der Startformation eines Champions League-Teams stehen. Behres Weg dorthin war weder vorgezeichnet noch wirklich absehbar. Er ist vielmehr durch harte Arbeit, durch kontinuierliches Verbessern, durch eine stetige Entwicklung so verlaufen. Genau wie bei Union.

Nachdem sich Kevin Behrens im Nachwuchsleistungszentrum von Werder Bremen weder für das Profiteam noch für die damals drittklassig spielende Zweitvertretung von Werder empfehlen konnte, tingelte Behrens viele Jahre durch die viertklassige Regionalliga. Über Wilhelmshaven, Hannover 96 II, Alemania Aachen, Rot-Weiß Essen und dem 1. FC Saarbrücken landete er 2018 beim SV Sandhausen in der Zweiten Liga. Auch wenn Union „nur“ ein Jahr viertklassig war, die Drittligazeiten 2009 durch den Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga der Männer hinter sich gelassen wurden, schien der natürliche Lebensraum für den 1. FC Union Berlin in eben dieser Zweiten Liga zu liegen. Auch Union tingelte so durch die Zweitliga-Stadien, meist ohne echte Chancen auf die Beletage des deutschen Fußballs. Bis eben zu diesem legendären 27. Mai 2019.

Als Union dann vor Beginn der bereits dritten Bundesliga-Spielzeit am 01. Juli 2021 (ich hätte ja sogar gedacht, dass Behre bereits eine Saison länger bei uns spielt) die Nachricht verbreitete, dass Kevin Behrens Unioner wird, bin ich wahrlich nicht in Jubelstürme ausgebrochen. Ein Stürmer aus der Zweiten Liga? Die nackten (Tor)-Zahlen nicht wirklich beeindruckend! Mit damals 30 Jahren auch kein Talent mehr. Ich war nicht wirklich überzeugt. Aber Oliver Ruhnert wusste es wie immer und glücklicherweise besser. Und auch wenn die folgenden Worte des Union-Managers aus der Vereinsmitteilung wie klassische Fußball-Floskeln klingen, haben sie sich knapp zwei Jahre später mehr als bewahrheitet:

„Sein [Behrens] Werdegang und seine Qualitäten wie Mentalität und sein Einsatzwille passen ausgezeichnet zu unserem Verein.“

Union und Kevin Behrens haben sich vielleicht nicht gesucht, aber definitiv gefunden und sind vor allem zusammen nochmal ein ganzes Stück gewachsen. Während Behrens in seiner ersten Saison für Union zumeist von der Bank kam – als Joker überzeugte er aber durchaus ebenso wie in der Conference League – hat er sich spätestens im letzten Drittel der vorherigen Saison einen Stammplatz erkämpft. Also in dem Zeitraum, in dem Union die Qualifikation für die Champions League klargemacht hat. Und dies nicht durch Glück oder das Pech von anderen. Sondern unisono wie Union als ganzer Verein eben durch die schon beschriebene kontinuierliche Arbeit, die stetige Weiterentwicklung.

Kevin Behrens ist sicherlich kein Ronaldinho, aber er hat sich in vielen Bereichen seines Spiels seit seiner Verpflichtung deutlich verbessert und verkörpert mittlerweile nicht mehr Zweitliga-Format sondern in einigen Aspekten sogar internationale Klasse.

Heraus sticht natürlich Behres Kopfballspiel. Es ist nicht erst seit dem Spiel bzw. dem Kopfball-Dreierpack gegen Mainz 05 eine Urgewalt und für gegnerische Verteidigungen oftmals nicht zu verteidigen. Es vereint die physische Präsenz des „absoluten Vierecks“ mit den Eigenschaften der gesamten Mannschaft. Tore, die nicht mit dem Fuß erzielt werden erfordern in der Regel eine Vorarbeit, Kopfballtore sind ohne vorherige Flanken sehr sehr schwer oder nur aus dem Zufall der Situation heraus zu erzielen.

Kevin Behrens hätte also ohne die Hilfe seiner Mitspieler weder einen Bundesliga-Rekord aufstellen können (erster Spieler mit drei Kopfball-Toren in einem Spiel) noch einen Sieg für Union herausköpfen können, Stichwort Flanken, Stichwort kollektives Verteidigen, Stichwort Frederik Rønnow. Auch der kleine Hype um Behrens Person ist ohne die Mannschaft natürlich nicht möglich.

Matchwinner unter sich: Fredy und Behre, Foto: Matze Koch

Es ist das Zusammenspiel des ganzen Teams, das positive Miteinander, welches Kevin Behrens gerade so hoch fliegen lässt. Jede Zeile, jedes Lob, welches gerade auf den sympathischen Nachhause-Radler, auf den Löwen oder auf den Bademeister-Typen, wie Behrens unter anderen schon beschrieben wurde bzw. sich selbst genannt hat, angestimmt wird, ist auch ein Teamerfolg.

Union ist gerade ein bisschen der Verein von Kevin Behrens, denn Kevin Behrens persönlicher Werdegang repräsentiert gerade auch Union. Und das bald in der Champions League. Eine völlig lineare und erwartbare Entwicklung von Verein und Spieler ist das keineswegs. Darüber freuen können wir uns aber allemal!

Einen schön zu lesenden Artikel über Kevin Behrens gibt es auch in der Süddeutschen.

Weitere Medienberichte über Union und Kevin Behrens

Wie der Kurier mit Bezug auf Fabrizio Romano berichtet, ist der Wechsel von Leonardo Bonucci zu Union immer noch möglich. Laut Romano sollte es diese Woche zu einer Entscheidung kommen.

Die Berliner Zeitung gibt einen Überblick über die heute beginnenden Playoff-Partien zur Champions League, bei dem die letzten sechs Teilnehmer ermittelt werden. Nach Überfliegen der Paarungen gehe ich aber nicht davon aus, dass Union auf einen der Playoff-Gewinner in der Gruppenphase trifft, da die meisten Vereine genau wie Union im Lostopf Nummer vier landen dürften.

Da gibts was auf die Ohren (und auch auf die Augen)

Wer wie ich gerade oder auch später ein bisschen Zeit hat, kann sich einige Podcasts mit Union-Bezug anhören.

Im TeVe-Podcast sprechen Nadine, Steffi, Daniel und Sebastian über den ersten Bundesliga-Spieltag gegen Mainz 05 aber auch viel um das Drumherum.

Auch Kiek an podcastet über König Kevin, während die Rasenfunk-Schlusskonferenz sich natürlich auch mit der Partie vom Sonntag beschäftigt (ab ca. 45min).

Bei AFTV gibt es zudem ausführliche Highlights des Sieges der Frauenmannschaft von Union gegen Hertha BSC.

 

2 Kommentare zu “Der Verein von Kevin Behrens

  1. Ralf Wieczorek

    Hallo, vielen Dank für den Beitrag : ) Behrens ist einfach Union wie man sich Union vorstellt, geradlinig, kampfstark und bodenständig. Einfach EISERN
    PS. es gibt ein sehr schönes Lied über Behrens von den Eisernen Müggelheimern ; )

  2. Eisenhart68

    Behrens für Deutschland! Was Füllkrug kann, kann Behrens schon lange.

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