Blog State of the Union

Wir müssen den Europa-Kater schnell überwinden, denn Sonntag ist wichtig

Sebastian hat hier gestern über die Enttäuschung geschrieben, die er nach dem Spiel gegen St. Gilles gefühlt hat. Das war nicht wirklich mein Gefühl an diesem Abend, ich konnte irgendwie ganz gut damit leben, im Europapokal-Achtelfinale gestanden zu haben und dort unter anderem dem maltesischen Nationalspieler Teddy Teuma zu unterliegen. Aber die Frustration über das Spiel selbst war durchaus real. Ich habe zwar zu keinem Zeitpunkt des Spiels die Hoffnung aufgegeben (jedenfalls nicht bis zum 2-0 oder irgendwann nach der 80. Minute), dass Union irgendwie doch noch etwas gelingen könnte. Aber das war wirklich ziemlich pure Hoffnung, denn einen realen Anlass dazu hat Union spielerisch das ganze Spiel über nicht gegeben.

Es hat nämlich ungefähr kein Aspekt gut funktioniert. Wir haben wieder gesehen, dass im eigenen Ballbesitz-Spiel zu viele Fehler passiert sind. Die Ballverluste vor den Toren von St. Gilles waren extrem vermeidbar, und damit auch, dass Union für eine insgesamt nicht gute Leistung klar bestraft wurde. Wir haben auch gesehen, dass Union es in fast keiner Situation geschafft hat, in die Defensivformation von Union-blau-gelb zu spielen. Deswegen gab es auch fast gar keine Torschüsse. Aber gleichzeitig war damit der eigene Ballbesitz sehr fragil, denn Union hat ständig am Rand der Formation St. Gilloise gespielt, und kam dadurch nicht wirklich vorwärts, war aber auch ständig am Rand Ballverlusten.

Union Berlin Union St. Gilloise
Köpfe und Fäuste hoch, weiter spielen und kämpfen: Union nach dem Ausscheiden in Anderlecht. Photo: Matze Koch

Dass St. Gilles (die jetzt gegen Leverkusen spielen müssen) in solchen Momenten dann wahnsinnig gefährlich sind, konnten wir nun über vier Spiele beobachten. Unions offensive Probleme haben vor allem im ersten und letzten dieser vier Spiele dann eben zu defensiver Anfälligkeit beigetragen, weil Union viele Spieler nach vorne schieben musste und so gewissermaßen keine Tiefe in der eigenen Rückwärts-Staffelung hatte. Deswegen war ungefähr jeder Ball über die Kette von Union konnte dann auch gefährlich. Das alles ist keine komplett neue Problematik in Unions Spiel, sondern schon öfter zu beobachten gewesen in den Spielen, die schlechter gelaufen sind. Andererseits fehlten die Wucht und Präsenz von besseren Partien, in den Union zu Chancen kam, auch ohne sich konstant durch eine Defensivformation hindurch zu kombinieren. So wie das zum Beispiel im Hinspiel noch der Fall war, das keineswegs perfekt, aber viel besser als das Rückspiel lief. Das ist dann vielleicht der Punkt, an dem so etwas wie Tagesform eine Rolle spielt.

In jedem Fall wird dieses Spiel und dieses Ausscheiden – so phantastisch es ist, dort gestanden zu haben – intern und extern Anlass für weitere Analyse sein. Vielleicht wird es dazu auch hier noch demnächst mir zum Lesen geben. Aber dafür ist bei Union erst nach diesem Wochenende etwas mehr Zeit, denn morgen spielt das Team ja schon wieder. Gegen Eintracht Frankfurt und damit einen Gegner, der auch gerade aus dem Europacup ausgeschieden ist. Und das unter wesentlich unangenehmeren Umständen (dazu der Eintracht-Podcast). Aber auch abgesehen davon herrscht am Main aktuell eine merkwürdig schlechte Stimmung. Es gibt da einiges an Themen: personelle Konflikte innerhalb der Führungsriege, große Unsicherheit über den Kader in der kommenden Saison, und auch Unzufriedenheit über die letzten Spiele auch in der Liga. Am Sonntag geht es also zwischen zwei Mannschaften, die in dieser Saison noch viel erreichen können und dabei direkte Konkurrenten sind (Qualifikation für irgendeinen Europapokal, DFB-Pokal) vielleicht auch darum, wer vor der Länderspielpause wieder ein bisschen Momentum aufnehmen kann. Dieses Spiel ist kein after-thought der Europawoche, sondern wirklich wichtig.

Ein wichtiger Hinweis dafür: Die S3 hat Schienenersatzverkehr.

Noch eine Union-Mannschaft international

Übrigens, diese Länderspielpause. Ich habe gerade seit Donnerstagabend einige male gedacht, „naja, dann kommt die Länderspielpause, da kann Union an gewissen Themen noch mal arbeiten und sich neu sammeln“. Aber zu sagen, dass Union in der Länderspielpause nicht spielt, ist eigentlich falsch. Denn immerhin ist fast eine ganze Union Mannschaft in der in der Vereins-Spielpause für Spiele nominiert. Ganze zehn Unioner inklusive Torwart werden auf Reisen sein. Trotzdem wird natürlich auch ein Teil des Kaders in Berlin sein und diese kleine Pause bekommen. Und das Trainerteam könnte wirklich ein bisschen Zeit haben, zu analysieren und für den Schlussspurt der Saison in den letzten beiden Monaten einen Plan zu fassen.

Bemerkenswert ist dabei die Nominierung von Diogo Leite – er steht erstmals im Kader der portugiesischen Nationalmannschaft, die Leistungen von und mit Union werden da also durchaus wahrgenommen. Und wir lernen mit Jerome Roussillon ein bisschen Geographie – das haben wir beim Textilvergehen ja bekanntlich nötig – denn er spielt für die Nationalmannschaft von Guadaloupe, einer Insel vor der Küste von Venezuela. Auch für ihn ist es die erste Nominierung dort, nachdem er Junioren-Nationalmannschaften von Frankreich vertreten hat. In der CONCACAF-Nations League spielt Guadaloupe zuhause gegen Antigua und Barbuda sowie in Kuba.

Außerdem ist Aljoscha Kemlein erneut für die deutsche U19 nominiert, Malick Sanogo gehört nicht zum Kader, wurde aber zum Lehrgang eingeladen. Die weiteren Unioner Internationalen: Morten Thorsby (Norwegen), Josip Juranovic (Kroatien), Frederik Rønnow (Dänemark), Sheraldo Becker (Suriname), Aissa Laidouni (Tunesien) und Jamie Leweling (D-U21).

Presseschau

Das sind die aktuellen Berichte der Berliner Medien, in denen mir der Ton (den genannten Faktoren zum Trotz) teils ein bisschen zu alarmistisch ist:

Union-Frauen

Für die Frauen steht am Sonntag ein Auswärtsspiel in Berlin an, gegen Hertha Zehlendorf. Also den Verein, der seine Frauen-Abteilung an die andere Hertha abgeben will.

4 Kommentare zu “Wir müssen den Europa-Kater schnell überwinden, denn Sonntag ist wichtig

  1. Ich habe schon vor dem St.Gillois-Spiel so gedacht: „Ja, okay, hier könnte Schluss sein!“ Vielleicht nicht in der Art und Weise wie es schlussendlich passiert ist, aber eben Schluss.
    Es war so ein Gefühl, nicht störend, aber eben da.
    Insofern konnte ich mit der Niederlage gut leben, zumal die gesamten entspannten Umstände vor, während und nach dem Spiel dazu beitrugen, dass es trotzdem ein schönes Erlebnis in Brüssel war.

    Ich würde mir wünschen, dass wir nach so einer Niederlage einfach mal explodieren, den nächsten Gegner mit Wut im Bauch aus dem Stadion schießen. Ich weiß, dass das total unrealistisch ist, dazu sind wir viel zu geerdet und ruhig. Schön wäre es trotzdem.

    Mein Gefühl sagt übrigens: „Da geht was am Sonntag!“

  2. Wenn eine Mannschaft meist mit 100% des Leistungsvermögens agiert und dazu noch viel Spielglück hat, ist bei einem noch besseren Gegner keine Leistungssteigerung mehr möglich. Sollte der Gegner noch in der Lage sein, dein vorhandenes Potenzial deutlich einzuschränken, kommt ein solches Spiel wie in Belgien heraus.
    Interessant ist, dass erstmalig mangelnde Geschlossenheit thematisiert wurde, vielleicht auch Folge einer noch nicht ausreichenden Integration der Winterzugänge mit doch etwas mehr Potenzial als der bisherige Kader.

  3. Schwer verdaulich heute… Restalkohol? ;oP
    Trotzdem hinterlasse ich mein tägliches „Like“!

  4. Honigmelone

    Ich kann mit dieser Niederlage & dem Ausscheiden leben! Denn wie sagten Wir schon öfter:“Wir können nicht immer gewinnen!“ Hej, Wir haben wundervolle Städte gesehen, tolle Spiele unserer Mannschaft in Europa verfolgt & sie so gerne begleitet. DAS kann uns keiner nehmen. Ich empfinde Freude & Stolz über diese Saison! Und nun, nun machen Wir einfach weiter, Eisern Union

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