Blog State of the Union

Politik im Stadion oder nicht? Die Gretchenfrage des Fußballs.

Die ganz große Flut persönlicher Vorbereitungsfotos ist noch nicht zu sehen. Stattdessen hat sich nur Verteidiger Marc Torrejon gemeldet mit einem Bild einer mal etwas anderen Vorbereitung.

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Preparando con cositas diferentes!!!

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Von Steven Skrzybski gibt es stattdessen ein gemeinsames Bild mit Akaki Gogia in Rom. Der angekündigte gemeinsame Urlaub beider Angreifer. ?

Sportlich ist nicht so viel Neues zu berichten. In der BZ gibt es einen kleinen Beitrag zur Situation von Damir Kreilach. Der Kroate hatte mit Sicherheit die schwierigste Halbserie seit er bei Union ist und kam größtenteils höchstens von der Bank zum Einsatz. Für mich ist die Herausnahme von Kreilach und das Nichtfinden einer Position für ihn so ein bisschen ein Symptom des Unionproblems in dieser Saison. Marcel Hartel hat sehr gut gespielt, das ist keine Frage, aber mir war plötzlich nicht mehr klar, welche Rolle eigentlich Damir Kreilach spielt. Als reiner Joker für Standards kam er mir ein bisschen verschenkt vor.

Aber dieses Problem gibt es ja ähnlich mit Felix Kroos, der als reiner Sechser sein Potential nicht in der Art abrufen konnte, wie es vielleicht möglich ist. Dass Kroos in der Top10 der meistgefoulten Spieler auftaucht dürfte vielleicht ein Ansatz dafür sein, dass er vom Gegner im Spielaufbau schnell gestört werden soll, um Pässe in die Spitze zu unterbinden. Aber um diese These zu beweisen, müsste man sich mal genau anschauen, in welchen Situationen der Kapitän unfair ausgebremst wurde.

Ich glaube, dass ein Schlüssel für den sportlichen Erfolg in der Rückrunde tatsächlich darin liegen wird, dem zentralen Mittelfeld klare Aufgaben und einen Plan an die Hand zu geben. In der Hinrunde flogen ja größtenteils die Bälle über die Köpfe dieses Mannschaftsteils hinweg.

Politik im Stadion: Die Gretchenfrage des Fußballs

Es ist ein Klassiker, die Frage nach der Politik im Stadion. Das fängt damit an, dass beinahe jeder etwas anderes unter Politik versteht. Da wird Politik mit dem Handeln von Parteien gleichgesetzt. Dabei ist das Feld viel größer. Die Waldseite macht mit ihren „Grundsätzen der Waldseite“ Politik. Die Unionstiftung macht Politik, die Vereinsführung sowieso. Und eigentlich wir alle im einzelnen auch. Ich verstehe Politik als Gestaltung des Möglichen. Und über diese Gestaltung müssen wir uns alle verständigen. Und wenn es eben die Frage ist: Was ist ein Unioner oder eine Unionerin? Oder die Frage, ob Union sich öffnen will oder nicht.

Diese Grundfrage nach Politik im Stadion wird im Blog Presschlag anhand der Frage diskutiert, ob man mit Nazis im Stadion stehen dürfe. Es gibt eine Pro- und eine Contra-Sicht dazu. Ich kann diese Frage nie mit einem eindeutigen Ja oder Nein beantworten. Es kommt da für mich auf die Rahmenbedingungen an. Und zwei Bedingungen sind, dass ich bei Union, denn nur um diesen Klub geht es mir, immer eingeschritten bin, wenn jemand mal der rechte Arm etwas zu sehr nach oben gerutscht ist oder mal wieder über von dem „Scheiß-Bimbo“ geredet wurde. Und ich hatte nie das Gefühl, dass ich damit alleine war, wenn ich mich gegen solch ein Verhalten gewehrt habe. Für mich wäre es aber unerträglich, in einem Stadion zu stehen, in dem solch ein Verhalten mindestens geduldet wird. Das Gefühl habe ich aber bei Union nicht. Und der zweite Punkt: Ich würde Union nicht solchen Leuten überlassen wollen. Dazu liebe ich den Klub und alles, was ihn ausmacht, viel zu sehr.

Und wer für diese vielleicht etwas theoretische Diskussion mal etwas praktisches Futter braucht, findet das aktuell beim Eintracht-Frankfurt-Präsidenten Peter Fischer und seiner Auseinandersetzung mit der AfD. Hier ein paar aktuelle Texte dazu in zeitlicher Reihenfolge:

Ich war gestern mit meinem Freund Knut und unseren Kindern auf dem Junghackertag des Chaos Communication Congress in Leipzig. Die Kinder sollten mal ein bisschen löten und Elektrobasteln lernen. Dass dieser Schriftzug 1. FCU aus dem 3D-Drucker kam, hatte nichts mit unserem Einfluss zu tun, sondern war der ausdrückliche Wunsch  von Knuts Jungunioner ??

5 Kommentare zu “Politik im Stadion oder nicht? Die Gretchenfrage des Fußballs.

  1. Du kannst die Frage neben einen Nazi zu stehen nicht mit ja oder nein beantworten?! Welche Rahmenbedingungen brauchen Nazis im Stadion? Gehts noch Sebastian?
    Ganz klar NEIN! Nazis raus aus der AF.

  2. Richtig ist, dass Union kein massives Problem mit einer aktiven Nazi-Szene im Stadion hat. Richtig ist aber auch, dass es gar nicht so wenige Leute gibt, die extrem rechte bis offen faschistische Positionen vertreten oder zumindest rechtsoffen sind, also es gar nicht so schlimm finden, ein wenig Nazi zu sein oder neben solchen im Stadion zu stehen oder mit solchen Umgang zu pflegen. Man braucht sich da nur ein wenig im Netz umsehen und findet recht schnell z.B. Facebook-Seiten von Unionern mit ekliger rassistischer Hetze und auch „gefällt mir“-Angaben zu Fascho-Seiten wie NPD, Identitäre, der Dritte Weg oder Nein zum Heim in Köpenick, einer Seite, die von der NPD betrieben wird. Der Übergang von NPD zu AfD ist bei manchen eben sehr fließend. Und weil es die AfD eben nicht schafft, sich von Leuten wie Höcke und Meier zu trennen, bin ich da ganz beim Präsidenten der Eintracht. Wichtig scheint mir, solchen Leuten keine Wohlfühloase unter dem Deckmäntelchen „keine Politik im Stadion“ An der AF zu verschaffen. Sie sollen schon merken, dass ihr Rassismus und ihre verbrecherische Ideologie nicht erwünscht ist.

  3. Zumindest Rassismus und Homophobie hast du bei uns im Stadion an fast allen Ecken und Enden. Ob man diese Leute nun gleich mit Nazis oder AfD-Sympathisanten gleichsetzen kann, ist eine andere Frage. Vielleicht ist es auch schlichtweg Dummheit in vielen Fällen. Und die ist besonders schwer zu bekämpfen…

  4. Ich frage mich ja, wie bei einer Menschensammlung von mehreren tausend Individuen Politik im Stadion keine Rolle spielen soll? Wenn neben dir einer steht und auf dem Geschlecht des Schiedsrichters rumtrollt (wie bei mir gegen Stuttgart letzte Saison), dann ist das politisch. Wenn hinter dir homophobe oder rassistische Sprüche gebrüllt werden, dann ist das politisch und dann muss du dich eben positionieren – und ja, auch nichts tun ist eine Positionierung, auch wenn die eigene Meinung/Einstellung eine andere ist. Das dulden von irgendwelchen menschenverachtenden Positionen ist politisch, und nicht unpolitisch. Es gibt in unseren Handeln kaum Dinge, die unpolitisch sind und im Stadion schon gar nicht …

  5. ohne jetzt genauer ins Detail gehen zu wollen gab es Anfang der 90er Jahre in vielen deutschen Stadien und natürlich auch in der alten Försterei Versuche rechtsradikaler Parteien, die Fanszene zu unterwandern bzw. für ihre Ziele einzuspannen. Im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen, die sich das Mäntelchen politischer Neutralität überzogen und nun mit einer hartnäckigen Nazifizierung ihres Vereins leben müssen, hat Union das damals anders gemacht. In einem inoffiziellen Treffen mit den Führern der Fanszene wurde damals eine Abmachung getroffen, die darauf hinaus lief: Wir schauen für ein halbes Jahr nicht so genau hin und Ihr säubert den Block nachhaltig. Dies hat sehr gut funktioniert. Die Protagonisten wurden direkt angesprochen und dazu aufgerufen, jegliche rechtsradikale Propaganda zu unterlassen. Einige haben dies verbal verstanden und anderen wurde dies dann auch mal im persönlichen Gespräch hinter dem Block verdeutlicht. Wer es dann noch nicht kapiert hatte, wurde auch mal abgewatscht.
    Das hat funktioniert und die Wirkung hat lange angehalten. Leider ist das heutzutage bei den Sicherheitsrichtlinien und Zuständigkeiten nicht mehr möglich.

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