Blog State of the Union

Janz enge Kiste

Ein Spiel dauert 90 Minuten. Das ist eine Binsenweisheit, die bekanntlich manchmal wörtlich genommen nicht ganz stimmt (man denke an Gladbach). Und manchmal nicht im übertragenen Sinne. So wie gestern, als Unions Männer-Profimannschaft in der Bundesliga in Freiburg mit 1-4 verloren hat. Denn dieses Spiel dauerte eigentlich nur 20 Minuten lang.

union berlin freiburg bundesliga
Puh. Photo: Matze Koch.

Nach diesen 20 Minuten lag Union mit 0-3 zurück und hatte einen Strafstoß verschossen. Es war also wieder, wie in Leverkusen, eine freakig-katastrophale Phase im Spiel, die dieses schnell entschieden hat. Gleichzeitig lässt es sich auch nicht als Zufall abtun, dass es dazu kam, denn Union hat in dieser Phase auch klare Schwächen gezeigt und Fehler gemacht, die zu den mehr als unglücklichen Szenen geführt haben: Beim 1-0 und beim 3-0 war Union auf unterschiedliche Weisen nicht schnell genug in der Rückwärtsbewegung für Freiburgs einmal direkten, einmal durchkombinierten Angriff. Und beim 2-0 passierte ein tödlicher Fehlpass, der auf einer Stufe mit dem Einzelfehler vor dem 2-0 für Leverkusen steht. Dass dann Unions einzige Torannäherung mit Robin Knoches Elfmeter an den Pfosten allzu wörtlich ausfiel, verwehrte Union nur die Chance, sich trotz einer verkorksten Anfangsphase doch noch ins Spiel zu bringen. So ist es dann auch zu Recht Freiburg, das mit einer Eloge von Tobi Escher bei 11Freunde in die Winterpause geht.

Diese Niederlage war dann also durchaus verdient, auch wenn sie vielleicht nicht so hoch hätte ausfallen müssen. Und auch, wenn vor allem der VAR-Elfmeter in den allerersten Minuten mindestens umstritten, und damit als VAR-Eingriff ja auch eigentlich schon abqualifiziert ist. Diese Bemerkung muss man damit einschränken, dass Schiedsrichter Aytekin und der VAR jetzt sagen würden, dass der Schieri auf dem Feld lediglich nicht gesehen hat, dass der Ball bei einer Flanke Christopher Trimmels Hand berührt hat, die Einordnung dieses Fakts als strafbares Handspiel aber klar gewesen sei, und der VAR so recht gehabt hätte, einzugreifen. Auf dieser Ebene stimmt das sogar, nur dass ich mich mit dieser Einordnung bei einer normalen Laufbewegung von Trimmel und einem minimalen Kontakt mit dem Ball auch anhand des Regeltextes schwer tue.

Schiedsrichter-Experte Alex Feuerherdt (Collinas Erben) war gestern Vormittag, also noch vor dem Spiel, bei Sportradio Deutschland zu Gast und hat dort auch über strittige Hand-Szenen gesprochen. Aus seinen Ausführungen lassen sich in der Trimmel-Szene Argumente für beide Seiten ziehen denke ich, was die Klarheit der Entscheidung ja auch nur fraglich macht (und zeigt, dass die Hand-Regel nicht gut formuliert ist, wie wir schon vor ein paar Wochen im Podcast diskutiert haben). Sportradio Deutschland hat indessen gestern Abend auch mit mir über das Spiel und Unions Hinrunde gesprochen (auch da ging es um die Schiedsrichter-Entscheidungen, aber weniger qualifiziert als mit Alex).

Respekt gebührt nach dem Spiel auf jedem Fall dem Union-Gästeblock, der das Spiel mit einer schönen kleinen Choreo eröffnete und sich vom Spielverlauf nicht vom Support abbringen ließ.

Und auf anderer Ebene auch großen Respekt an die Freiburger Fanszene, die über den gesamten Heimbereich gegen die anstehende WM in Qatar protestierte. Frederik Rønnow wurde nun doch von Dänemark für das Turnier nominiert.

Die Union-Frauen im Stadion an der Alten Försterei

Das Union-Spiel, das ich gestern live und in echt gesehen habe, war das der Frauen in der Regionalliga gegen die Zweitvertretung des FC Carl Zeiss Jena, das am Sonntagmittag im Stadion stattfand. Das Spiel war eine wirklich packende Partie und endete 3-3, weil sich Union mit vermeidbaren Fehlern (aber von Jena gut erspielten Toren) mit 0-2 und (durch die frühere Unionerin Josephine Bonsu) 2-3 in Rückstand brachte. Das Team von Ailien Poese kam dann zwar jeweils zurück, für den Siegtreffer fehlte (etwa bei einem Schuss ans Lattenkreuz vor der Waldseite) aber etwas Glück und Genauigkeit im Strafraum.

Mit 1300 Zuschauern und einer wirklich schönen Stimmung im Stadion war trotz des sportlich etwas enttäuschenden Ergebnis aber auf jeden Fall der Rahmen für diesen nichtsdestotrotz couragierten Auftritt der Frauen stimmig. Auf der Union-Webseite gibt es einen Spielbericht auf Deutsch und einen von Jacob Sweetman auf Englisch.

Bis zum nächsten Heimspiel der Unionerinnen dauert es jetzt aber fast einen Monat.

Auf den anderen Plätzen

Unions U19 hat in der Bundesliga auswärts das Derby gegen Hertha mit einem 2-1 nach Halbzeit-Rückstand gewonnen (Spielbericht vom Verein). Dieser Sieg gegen den Tabellenführer der A-Junioren-Bundesliga-Staffel ist ein hervorragendes Ergebnis für den Nachwuchs, umso mehr, da mit Aljoscha Kemlein der Kapitän der Mannschaft fehlte, weil er in Freiburg bei den Profis auf der Bank saß. Die jungen Unioner sind jetzt Siebter in der 17-Mannschaften-Staffel.

Dagegen gab es für die U17 bei Jungen und Mädchen deutliche Niederlagen. Insbesondere die U17-Juniorinnen sind noch punktlos nach sieben Spielen und haben eine sehr schwere Saison.

Die Mitgliederversammlung heute Abend

Ab 19 Uhr findet heute Abend im Tempodrom die Mitgliederversammlung des 1.FC Union Berlin statt. Themen dafür gibt es reichlich: Natürlich vor allem die Aussichten für den Stadionausbau, und die finanzielle Lage aktuell und im Ausblick. Bei der Wahl des Aufsichtsrats ist nichts anderes als die Wiederwahl der aktuellen Besetzung zu erwarten. Ansonsten bin ich gespannt, welche Themen noch wie zur Sprache kommen.

11 Kommentare zu “Janz enge Kiste

  1. Ich habe keine Ambitionen mehr, über den Handelfmeter gestern tiefgreifend zu diskutieren. Gegen Köln und Malmö bekommen wir solche Dinger geschenkt, jetzt eben gegen uns. Hertha bekommt offensichtlichere Dinger nicht, auf anderen Plätzen geht es wieder in die andere Richtung. Anscheinend ist es so gewollt, dass niemand mehr die Regeln und Auslegung nachvollziehen kann.

    PS: Ich glaube es gibt niemanden, der Fussball langweiliger betrachtet als Tobias Escher. Wahnsinn, wie belanglos der 11-Freunde Artikel ist, gemessen an dem Freiburg (und wir) diese Saison erreicht haben.

  2. Musiclover

    Ich habe mich gestern sehr über die ersten Schirientscheidungen aufgeregt und bin immer noch nicht beruhigt. Diese VAR-Entscheidung hat das Spiel extrem beeinflusst, und zwar falsch. Wann wird der Mist endlich abgeschafft? Es kotzt mich seit Wochen an.

    • @musiclover

      Falsch ist es, wenn die Regel gebrochen wird. Laut Regel war die Hand (innerhalb des 16er) dran und hat den Ball beeinflusst und da ist es völlig egal ob die Kugel dennoch beim Gegner ankommt oder nicht oder ob der Ball doll abgelenkt wird oder nur leicht. Kontakt an der Hand und diese ist nicht angelehnt = 11m.

      Man müsste halt einfach mal die Regel Regel sein lassen und nicht jede Saison irgendwas verschlimmbessern oder halt die Regeln mit mehr Details schmücken, so das der Spielraum enger wird.

      Bei trimmis 11er hat man halt gut gesehen, wie man diese Regel ausbauen könnte, denn der Ball hat den Flugbahn kaum geändert und der Freiburger konnte aufs Tor abschließen. Daher könnte man es in meinen Augen recht einfach lösen:

      kommt der Ball nach der Berührung zum angreifenden Team „zurück“ und kann dieses den Torschuss abschließen, dann ist es kein regelwidriges Handspiel was später per VAR überprüft werden muss.
      Kommt nach dem Handspiel das verteidigende Team in den ballbesitz, kann man von einem Strafstoß sprechen, da der Vorteil des Angriffs, durch die Berührung des Balles, verloren gegangen ist.
      Die Arme müssen weiterhin angelehnt sein. Wird die angelehnte Hand getroffen ist es kein strafstoß, es ist auch egal welches Team danach an den Ball kommt. Tore mit der Hand (egal ob angelehnt oder nicht) sind keine Tore.
      Und jede Hand-11m-Szene im 16er muss noch einmal vom Schiris per Video überprüft werden.

      Fertig.

      Es wird halt nie 100% fehlerfrei werden, da hier Menschen beurteilen müssen und die Faktoren zu individuell sind.
      Daher müssen die Regeln klarer und detaillierter sein, ansonsten ist zu viel Spielraum und zu viel 50/50 vorhanden.

    • @wuhleblut,

      Trimmis Arm war in einer Laufbewegung, und somit in einer natürlich Bewegung.
      (Das hat übrigens auch Manuel Gräfe auf Twitter geschrieben)
      Du hast eine Beeinflussung gesehen, ich ehrlich gesagt nicht. Auf den Bilder die ich im TV sehen konnte, war für mich nicht mal zweifelsfrei zu erkennen, ob überhaupt eine Berührung vorlag.

      Jedenfalls bei natürlicher Bewegung des Arms und ohne das dadurch ein Tor verhindert wird, gibt es laut Regel keinen 11m.
      Das heißt das, was du beschreibst mit ‚Ball kommt zum Team zurück‘ ist in der Regel verankert. Die Schiedsrichter-Gilde muss halt die Regel richtig anwenden, und das ist das, was ein mir unbekannte Zahl an Unionern einfach sauer aufstösst (inklusive mir).

      Du hast recht, 100% fehlerfrei ist niemand, aber wenn da 1SR + 3VAR sitzen, sollte es zumindest näher rankommen an 100% als es jetzt ist.

      Und wenn ich international Spiele sehe, macht die Anwendung dieser Technologie auf mich den besseren Eindruck als aktuell in der BL.

    • Das ist ne Analyse und zwar ne präzise. Kein Besinnungsaufsatz oder ne Jubelarie.

    • Reziprozität

      Aytekin als Adressat ist hier die falsche Wahl. Es war (wieder mal) Tobias Welz im „Kölner Keller“. Der kann sich seit gestern als Erfinder des Handspiels unter streifendem Einfall („Grazing Incidence Hands“) fühlen. Manuel Gräfe hat es auf den Punkt gebracht, als er den erbärmlichen Auftritt von Lutz Fröhlich im „Stahlwerk Doppelpass“ thematisierte: Das Schiedsrichterunwesen beim DFB hält keine Kuhhaut aus! Ob Cl, EL, ECL, Premier League, La Liga etc., der VAR funktioniert dort wie mal angedacht.Alle 5 Spiele gibt es mal eine Intervention und gut is‘. In den deutschen Profiligen gibt es 5 Interventionen pro Spiel und eine immer konfuser als die andere. Finde den Fehler!

  3. Aufregung wegen Schiedsrichterleistung???
    Das war eine unterirdische Leistung von der Mannschaft. Schlimmer noch als in Leverkusen.

    • So ist es. Es wurde 45 min lang sorglos verteidigt und naiv nach vorne gerannt. Wo ist Urs‘ gute alte Mauertaktik geblieben? Kommt mit dem Erfolg der Übermut? ;-)

    • Eisern_13156

      Danke @Karlson! Ist ja richtig, dass Aytekin gestern ein paar Mal danebengelegen hat. Aber daran, dass die Mannschaft ohne Ordnung über den Platz gerannt ist und schlimme Fehlpässe gespielt hat, war er nun ganz bestimmt nicht Schuld ;-)

      Ein Glück ist jetzt Pause. Es sollen sich jetzt mal alle ordentlich erholen, körperlich und geistig. Und danach kann endlich wieder richtig vernünftig und strukturiert trainiert werden. Nötig ist es, wir haben spielerisch so einige Baustellen.

      Und trotzdem: Riesenrespekt und Dank an die Mannschaft und das Trainerteam für das in diesem Jahr Erreichte! Das bleibt, der Schwächephase zum Ende hin zum Trotz.

  4. nightyhawk

    Gibt es eine Liveübertragung der MV heute? Gerne auch passiv zum Nurzuschauen?

  5. Gemeint war @richy

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