Blog State of the Union

„Es reicht auch mal, wenn man dreckig gewinnt“

Es stimmt vieles nicht in dieser qualitativ vielleicht besten Union-Mannschaft aller Zeiten. Aber den Kampf und Willen kann ihr keiner absprechen. Auch nicht in wirklich schlechten Partien wie zuletzt in Braunschweig. Der 2:1-Sieg gestern gegen Sandhausen bot Ausschnitte von vielen Seiten, die das Team in dieser Saison gezeigt hat. Eine weiterhin beeindruckende Effizienz vor dem Tor beispielsweise. Union benötigte schon in der Hinrunde relativ wenig Möglichkeiten für eigenen Torerfolg, aktuell vor allem durch Steven Skrzybski der in einer beeindruckenden Form ist (teilweise völlig im Gegensatz zum Ergebnis-Trend). Ob der Ball zum 1:0 haltbar war? Ich war der Meinung, dass er ab dem Moment, als sich Skrzybski den Verteidiger etwas vom Hals geschafft hatte, nicht mehr zu verteidigen war. Dazu kommt, dass er sagte: „Ich wollte den Ball eigentlich auf die lange Ecke ziehen, habe ihn aber nicht mehr rumgekriegt.“ Bei dem Tempo im Abschluss würde ich dem Torwart jedenfalls keinen Vorwurf machen.

Steven Skrzybski jubelt nach seinem Tor zum 1:0 gegen Sandhausen, Foto: Hupe/union-foto.de

Der zweite Punkt, auf den sich Union irgendwie verlassen kann, ist die Standardstärke. Die 5 Elfmetertore weggerechnet dürften je nach Zählweise 9 oder 10 Tore nach indirekten Freistößen/Ecken gefallen sein. Das ist ein guter Wert, und dass Kristian Pedersen endlich sein erstes Tor für Union geschossen hat, war wirklich überfällig. Von ihm als Außenverteidiger wird ja erwartet, den Ball ins Angriffsdrittel zu bringen, sich aber dort bitte auch davon zu lösen. So ausgelassen, wie der Däne gejubelt hat, hätte es mich nicht gewundert, wenn er wie Oliver Kahn früher noch die Eckfahne in die Hand genommen hätte.

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Auch zu dieser Saison gehören die viel zu leichten Gegentore. Der Anschlusstreffer von Förster war durch eine Unachtsamkeit entstanden, als für einen kurzen Augenblick Förster aus der Deckung entschwinden konnte. Einen Moment nicht in der richtigen Staffelung stehen, wie oft haben wir das in dieser Saison erlebt, dass Union gerade dann Gegentore kassierte …

Auch die Fehlpässe im Spielaufbau/falschen Laufwege, die in der zweiten Hälfte zu beobachten waren, kommen uns bekannt vor. Hier hat es Union verpasst, mit gut ausgespielten Kontern das Spiel zu entscheiden. Dafür ließ das Team aber relativ wenig anbrennen (ja, ich habe auch gesehen, wie Christopher Trimmel in der 64. Minute den Ball von der Linie gekratzt hat). Das ist neu. Denn trotz der Temperaturen habe ich am Ende nicht gezittert. Union hat irgendwie das Ergebnis heruntergespielt. Eine Eigenschaft, die wir uns sicher alle für diese Saison gewünscht hatten. Schließlich ist Union wahnsinnig häufig in Führung gegangen.

Die Taktik-Analyse von Eiserne Ketten sieht Union in dem Spiel wie eine Mischung aus Jens Kellers Spielweise und der von André Hofschneider.

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3 Punkte!! ??? #eisernunion #eisern #unveu

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In dem Zusammenhang habe ich den Satz von Trainer André Hofschneider in der Pressekonferenz (AFTV) nach dem Spiel nicht verstanden, der sagte: „Ein Teil der Mannschaft wollte das Spiel offenbar ruhiger zu Ende bringen. Wir haben ja viele offensive Spieler, die ihr Kerngeschäft nicht in der Verteidigung sehen.“ Was war denn da eigentlich die Intention des Trainers in der Situation? Sollte die Mannschaft sich eher zurückziehen und mit einem Konter das Spiel entscheiden? Manches im Team sah mir schon danach aus. Aber die Spieler rückten auch nicht mehr so bereitwillig nach, so dass die Offensive häufig abbrechen musste, weil sie keine Anspielstationen fand. Das machte das Ausspielen von Kontern zusätzlich zum Thema Laufwege noch einmal schwierig.

Ich halte es mit Steven Skrzybski, der sich in den letzten Wochen nicht nur durch seine Leistungen zu so etwas wie einem Leader entwickelt hat und zum Sieg gegen Sandhausen meinte: „Man muss sich nicht immer schön siegen, es reicht auch mal, wenn man dreckig gewinnt.“

Hier die Berichte der Berliner Medien zum Spiel:

Fotos vom Spiel gibt es hier:

Das Thema „Eroll Zejnullahu“

In der Pressekonferenz nach dem Spiel gab es noch einen kurzen „Schlagabtausch“ zum Thema Eroll Zejnullahu, den der Kurier dokumentiert hat. In der Frage ging es darum, welchen Wert der Mittelfeldspieler für Sandhausen hat. Kenan Kocak antwortete darauf, aber da Zejnullahu lediglich für diese Saison ausgeliehen ist, liegt der Ball eigentlich bei Union. Aus meiner Sicht muss Union Antworten finden, bevor das Thema „Eroll Zejnullahu“ angegangen wird. Und zwar auf die Fragen, wer die Trainerposition in der nächsten Saison bekleidet, welches Spielsystem bevorzugt wird und ob Zejnullahu in die Kader-Architektur passt. Der Nachteil des Mittelfeldspielers ist, dass er (noch) nicht sehr vielseitig einsetzbar ist und eigentlich nur für die Zehnerposition oder die Achterposition in Frage kommt. Außerdem werden seine Stärken nicht ausgespielt, wenn nur mit langen Bälle nach vorne operiert wird, die dann irgendwie festgemacht werden sollen. Ich glaube, dass Zejnullahu hier sehr genau hinhören wird, welche Antworten Union hier geben kann.

Kalte Försterei

Zum Thema Kälte. Ich war mit dem Jungunioner im Stadion und hatte etwas Angst, dass es ihm zu kalt werden würde. Aber dank Sonne ging es eigentlich (okay, ich verpasste das Spiel von der 30. bis zur 50. Minute, weil wir neben dem üblichen Toilettengang während des Spiels noch ein Paar Stutzen für ihn kaufen mussten, da er an den Füßen und Beinen fror. Und Handschuhe, weil er seine vergessen hatte). Ansonsten war das ein rundum gelungener Nachmittag mit Kind, das nicht nur langsam das Pöbeln lernt („Das war doch Elfmeter!“ und „Der Typ von Sandhausen ist über den Ball gestolpert. Wie dumm!“), sondern ebenso wie ich gerne laut und falsch singt.

Bei aller Vater-Sohn-Romantik musste ich aber auch daran denken, wie es für meinen Vater war, mit mir zum Fußball zu gehen:

Christopher Trimmels größter Fan

Christopher Trimmel verlost anlässlich seines Geburtstags auf Instagram sein Trikot vom Sieg gegen Sandhausen. Einfach Kommentar hinterlassen und ihm folgen. Hat auch sein „größter Fan“ getan. Ich liebe diese Kommentare der Spieler untereinander.

Instagram: Christopher Trimmel

Podcast

Wir nehmen die neue Podcast Episode heute Abend auf (leider nicht live). Da es in der letzten Ausgabe so gut geklappt hat, nehmen wir auch dieses Mal gerne eure Fragen und Anregungen auf. Schreibt einfach hier in die Kommentare, wenn ihr zum Spiel oder zur Saison etwas wissen oder eure Meinung loswerden wollt. Vielleicht auch zu diesem Thema:

13 Kommentare zu “„Es reicht auch mal, wenn man dreckig gewinnt“

  1. In welchen Spielen haben wir die Standardtore denn geschossen? Auch letzte Saison umter Hofschneider waren wir ganz stark bei Standards. Oder sind die meisten Standardtore unter Keller gefallen?

  2. Robert Wüstenberg

    Muss man sich die Relegation verdienen? Oder reicht es einfach „nur“ Dritter zu werden?!
    Eigentlich will auch ich nur noch Woche für Woche ans nächste Spiel denken…mache ich aber nicht. Ich rechne beim Blick auf die Tabelle immernoch automatisch den Rückstand auf Platz drei aus. Egal wie lang die sieglos-Serie ist, egal wie schlecht die Leistung ist, egal wie unzufrieden ich bin. Ich kann nicht anders. Weil ich diesen Relegationsplatz, wenn ihn denn schon kein anderer will, gerne mitnehmen würde. Ein Freund von mir behauptet aber tatsächlich, dass er nicht in die Relegation möchte. Begründung: Wir haben es nicht „verdient“ und würden dort untergehen. Mir ist das egal. Man muss sich das nur im Sinne des Tabellenplatzes verdienen. Weder Stil noch Souveränität zählen. Bin gespannt wie ihr das seht. Und bitte kein, „Ob der Leistung der letzten 10 Spiele ist die Diskussion nicht angebracht“, denn das ist ja genau die selbe Frage – im Prinzip jedenfalls. ;-)

  3. es stand kaum 2:0, da wurden schon wieder überall die Handys gezückt und die Tabelle gecheckt.
    Wie steht ihr dazu?

  4. Jayjayberlin

    Danke. Der Abschnitt mit dem Jungunioner ist super?

  5. Angesichts der engen Tabellensituation ist es nachvollziehbar, nach oben zu schauen. Nüchtern betrachtet: Die Teams aus dem oberen Drittel haben wir schon gespielt oder haben noch Heimspiele gegen sie. Also gilt es nur, gegen die schwächeren Teams eigene Stärke zu zeigen. Ich gebe zu, daran zu glauben fällt mir schwer. Aber undenkbar ist es nicht. Erste Chance: FCK. Ein dreckiger Sieg wäre für mich auch okay.

  6. Kreuzberger

    @Robert. dein Freund hat recht mit der Leistung ab Spielminute 35 kann man keine Relegation spielen.

  7. Wenn Union – wovon wir ja alle ausgehen – den Aufstieg nicht schafft und im Sommer ein Neuanfang mit neuen Spielern, neuem Trainer und neuem Sportchef ansteht, sehe ich Union für mindestens 2 Jahre bestenfalls im Mittelfeld der Liga, an und für sich auch absolut okay bei Spielen gehen Köln/HSV/Magdeburg/Rostock. Wird man aus eurer Sicht in JEDEM Fall an den Plänen zum Stadionausbau festhalten? Ich habe gestern sehr viele leere Plätze gesehen, lag sicher auch an der Kälte, aber solange Union nicht deutlich um den Aufstieg mitspielt, reicht die Kapazität ja locker aus. Hab nen Horror vor ner Situation wie in Bielefeld, wo die Auslastung des Stadions bei gefühlt 40% liegt. Und 37.000 wären doppelt so viele Plätze wie gestern benötigt wurden.

  8. Christoph Grunert

    Ein mittelmäßiger Trainer ist für das Reifen der Fan-Persönlichkeit natürlich wesentlich wertvoller als ein Überflieger oder ein Totalausfall. Mit ein wenig Mühe schlägt man sich durchs Dickicht aus Fragen wie: Was kommt zuerst – Verein, Spieler oder Trainer? Was bindet mich an den Verein? Zwar ist Fußball ein Ergebnissport, aber ist das Ergebnis nicht eher zweitrangig? Welche meiner Unfähigkeiten sollen die Spieler mit gepflegter und zelebrierter Spielkultur wenigstens für die Dauer von 90 Minuten vergessen machen? Wohin mit meinem Frust, wenn es im Verein nicht läuft, und hat das eine überhaupt etwas mit dem anderen zu tun?
    Dieses ganze Hin und Her, das Durchwachsene dieser Saison ist perfekt geeignet, sich selbst zu verorten. Es ist gesund. Die Niederlage wird dich nicht mehr in den Abgrund reißen, und mit dem Sieg wirst du nicht mehr in einer Euphorieblase davonschweben.
    O.k., Teile davon sind auch gaz schön … hm … ach, scheiß drauf, bleibt alles, wie es ist, schließlich sind wir Unioner, wir sind die Kranken!
    unveu

  9. Wenn man sich die „SpielerXY vor dem Spiel gegen MannschaftXY“ so anschaut, so tippen (meiner Erinnerung nach) so gut wie alle Spieler dass die Mannschaft ein Gegentor einfängt. (3:1 für Union).
    Ist das eine zwangsweise Folge der grundsätzlich offensiven Ausrichtung der Mannschaft, oder ne falsche Einstellung?
    Der Trainer sagt ja auch, dass es ihm ein Gentor nichts ausmacht, und dass er lieber ein Spiel mit vielen Tore sieht, hauptsache Union hat mehr Treffer als der Gegner …..

  10. @framlin: Vermutlich ist das einfach ein Erfahrungswert ;) Ist die Ausrichtung denn grundsätzlich offensiver geworden? Zumindest mehr Torchancen als unter Keller habe ich noch nicht bemerkt.
    An die Auskenner: Gibt es dazu Statistiken?

  11. 15/16: 291 Torschuesse, 56 Tore (56/50) (19,2% verwertet)

    16/17: 288 Torschuesse, 51Tore (51/39) (17,7% verwertet)

    17/18: 224 Torschuesse, 41 Tore (41/33) (18,3% verwertet)

    Sollte man auch auf Transfermarkt oder ähnlichen Seiten finden.
    Berichtigt mich, falls ich mich falsch erinnere!

    lg

  12. Bin ich zu spät mit meinen fragen?
    Hat sich für euch auch das Spiel & die Fanreaktion noch etwas „ermattet“ angefühlt?
    Irgendwie glaube ich, dass die aktuelle Grippewelle, gepaart mit der aktuellen Mannschaftsleistung & der Enttäuschung über den Saisonverlauf ( Ziele & Trainer) allen noch viel zu stark zusetzen & neue Euphorie auf sich warten lässt.
    Auch die Capos wurden bei ihrer Songauswahl mehrmals von der Gegengeraden ‚korrigiert‘.

  13. Hajo Obuchoff

    Stimmt, die Gegengerade überstimmte ab und an die WALDSEITE mit eigenen Songs, die dann die Waldseite übernahm. Bemerkte ich zum ersten Mal. Ansonsten im Sinne des Jungpioniers: Seit bereit!

Kommentare sind geschlossen.