Blog State of the Union

Nur in eine Richtung weisend

Unions Spiel heute Mittag gegen St. Pauli wird gern richtungsweisend genannt. Das stimmt nur eingeschränkt, denn drei Punkte gibt es ja jede Woche zu vergeben. Vor allem aber ist nicht völlig klar, dass es sich dabei wirklich um ein ’sechs Punkte Spiel‘ handelt. Denn für beide, vor allem aber Union, geht es mehr darum, den Anschluss zur Tabellenspitze zu halten als darum, den heutigen Gegner zu distanzieren.

Union hat eine relativ hohe Hürde für einen relativ großen Sprung nach vorn vor sich; Photo: Matthias Koch

Spiel-plan

Dass dieses Spiel dieses Mal nicht nur aus den Gründen interessant ist, aus denen es jedes Jahr zu den besonders ausverkauften Spielen gehört, ist im Vorlauf in dieser Woche schon verschiedentlich betont wurden. Neben der Tabellenkonstellation, die es zu einem Verfolgerduell macht, trägt dazu auch bei, dass Union und St. Pauli zu den fußballerisch interessanteren Mannschaften der Liga gehören und sich aus ihrem Aufeinandertreffen spezifische Fragen zur beiderseitigen Ausrichtung ergeben, auf deren Antwort man genuin gespannt sein darf.

Denn St. Pauli hat (einiger Verletzungen zum trotz) gerade offensiv sehr interessantes Personal. Mit Buchtmann, Sobota, Møller Dæhli oder Neudecker (fehlt) im offensiven Mittelfeld, aber auch Dudziak, Allagui oder Zander auf anderen Positionen haben die Hamburger gefühlt so viele gute ‚Nadelspieler‘ wie der Rest der Liga insgesamt. Der verletzte Cenk Sahin könnte dem noch individuelle Durchschlagskraft hinzufügen, aber auch ohne diese spielte St. Pauli etwa in Sandhausen in einem sehr offensiv ausgerichteten 4141, in dem das offensive Mittelfeld stark fokussiert wurde und immer wieder auch noch die Außenverteidiger in der Offensive die Flügel besetzten. Interessant dabei sind vor allem die Bewegungen von Sobota, der sich in Ballbesitz oft weit nach hinten fallen lässt und mit Dribblings und Doppelpässen Verbindung zwischen den Räumen schafft.

Für Union ergibt sich daraus vor allem eine Frage: Wie versucht man, die Räume in St. Paulis defensivem Mittelfeld zu nutzen? Entweder könnten Hedlund und Gogia diese Zonen besetzen und zu der Art Ballkontakt kommen, die in Duisburg fehlten. Oder die beiden könnten die Aufgabe bekommen, sich noch eine Reihe weiter vorn anzubieten und die Sprints zu machen, von denen Jens Keller im letzten Spiel zu wenig gesehen zu haben meinte. In diesem Fall würde Hartel große Verantwortung tragen, diese Läufe auch einzusetzen. Gerade auf diese Ausrichtung könnte St. Pauli mit der Dreierkette reagieren, mit der es zuletzt gegen Aue spielte, um die Räume, in die Hedlund und Gogia starten könnten besser abzusichern.

Union ohne Schönheim

Defensiv fragt es sich für Union, ob tatsächlich St. Paulis Umschaltspiel deren gefährlichster Aspekt ist, wie es Jen Keller in der Pressekonferenz vor dem Spiel darstellte. Die Mannschaft von Olaf Janßen gehört auch zu den besseren Ballbesitz-Mannschaften der Liga, und könnte Kroos und Prömel große Probleme im zentralen defensiven Mittelfeld bereiten – und/oder das Spiel für Unions offensive Außen auch nach hinten anspruchsvoll werden lassen.

Ein riesiger Nachteil dürfte sein, dass laut einem Bild-Bericht (leider nicht online, die Bild legt aktuell lieber Texte der Bild-Hamburg über St. Pauli unter Union ab) Fabian Schönheim sich eine schwere Knieverletzung im Abschlusstraining zugezogen hat. Je nach Schwere dürfte damit das Hinrunden-Aus für ihn feststehen. Das ist für den Verteidiger eine Katastrophe, der sich in der Hierarchie der Innenverteidiger vom vierten auf den zweiten Platz vorgearbeitet hat und endlich einmal ohne langwierige Verletzung durch die Saison kommen wollte. Die einzig gute Nachricht ist, dass es nicht die immer wieder aufgebrochene Muskelverletzung ist.

Für Jens Keller heißt es damit, dass er auf Marc Torrejon zurückgreifen wird, der bereits im Pokalspiel ein komplettes Spiel nach seiner Verletzung gemacht macht. Ideal ist das aber nicht. Und vor allem wird es jetzt ganz dünn, wenn wir berücksichtigen, dass der aktuell vierte Innenverteidiger Christoph Schösswendter bei Keller bisher nicht überzeugen konnte. Es wird interessant sein, sich anzusehen, ob Keller wie vorherige Trainer dann lieber auf Michael Parensen als Ersatz-Innenverteidiger setzt und mit Peter Kurzweg/Kristian Pedersen zusätzlich einen echten Linksverteidiger auf die Bank setzt.

Noch ein bisschen genauer als hier möglich kann man sich St. Paulis Spielweise im Millernton Podcast erklären lassen, der auf die letzten drei Spiele der Hamburger zurückschaut und mit Präsident Oke Göttlich spricht.

Und sonst so

Im offen ausgetragenen Konflikt innerhalb der deutschen Bundesliga Schiedsrichterei gibt es einen ‚ Kompromissvorschlag‚ der ‚unabhängigen Ethikkommission‘ des DFB.

Den inhaltlichen Ankündigungen darin nach scheint der Verband der Kritik der Schiedsrichter Gräfe und Brych zu folgen. Das damit aber Sanktionen für Gräfe dafür einhergehen, diese geäußert zu haben, legt nahe, dass der DFB noch etwas Arbeit damit hat, „nochmals eine moderne, transparente und gerechte Struktur [zu] entwickeln.“

Und schließlich: eine eiserne (wahrscheinlich nicht ganz) Figur, und Christian Arbeit.