Blog

„Wer zu Union will, muss sich für eine Haltung entscheiden“

Es gibt Orte, an denen ich Dirk Zingler nicht erwarte. Zum Beispiel am Sonntag Vormittag, wenn ich durch das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung scrolle. Auf Seite 44 sehe ich plötzlich zwei locker gekleidete Männer, die Anfang 50 sind. Einer davon ist ganz eindeutig der Präsident des 1. FC Union. Und er redet über Union.

Die Wahrnehmung als Ostverein und damit als Problemfall

Jeder, der zu Union geht, kennt diese eine Frage. Sie kommt von Leuten, die vielleicht nicht aus Berlin kommen, aber schon mal etwas über Fußball in Berlin gehört haben. Sie kommt von Verwandten, die wir nur selten sehen und wenn dann nur auf Familienfeiern. Sie kommt vor allem von Leuten, die keine Ahnung von Union haben und nicht wissen, was Union bedeutet. Die Frage gibt es in verschiedenen Abwandlungen und lautet: „Union, ist das nicht der Verein mit den vielen rechten Fans?“

Dirk Zingler hat diese Frage in dem Doppel-Interview mit Westbam auch gestellt bekommen. In abgeschwächter Form: „Spüren Sie auch deshalb eine höhere Verantwortung, weil sie problematische Fans haben? Der Osten des Ostens, Oberschöneweide, Köpenick …“

Diese Frage ist vielleicht der Kern dessen, weshalb uns Dirk Zingler auf der Mitgliederversammlung so stark ins Gewissen geredet hat. Wir wissen, wie wir sind. Wir wissen, dass der Osten von Berlin zunächst einmal eine geographische Beschreibung ist und Berlin aus sehr verschiedenen Teilen besteht, die ihre eigene Identität haben. Und ein Teil davon davon ist Köpenick. Das ist in Berlin nach vielen Jahren des Zerrens am Verein (der ständige Versuch, Union in den Jahnsportpark im Prenzlauer Berg anzusiedeln) mittlerweile Konsens. Auch weil die Ale Försterei als Heimat des Vereins mittlerweile in Beton gegossen ist. Zingler sagt zu dem Thema in dem Interview: „Wir wollen kein Verein für ganz Berlin sein. Wer für ganz Berlin sprechen will, ist verloren.“

Union ist länger ein Verein im wiedervereinigten Deutschland als in der DDR

Aber weiß auch der Rest Deutschlands, was Union bedeutet? Für den MDR gehören wir wahrscheinlich für immer zur DDR-Oberliga, obwohl sich gerade Union nicht allein über die Herkunft aus der DDR identifiziert, sondern über das, was in den vergangenen mehr als 25 Jahren geschafft wurde. Wir wissen, dass Union länger ein Klub im vereinten Deutschland ist, als er in der DDR existiert hat. Diese Ost-West-Unterscheidung irritiert im Interview sichtlich Westbam und Dirk Zingler. So wie sie jeden Berliner irritieren dürfte, der in den vergangenen 25 Jahren mal vor die Haustür gegangen ist.

Und was weiß der Rest Deutschlands von Union? Erinnert ihr euch noch an den Bericht des Bayerischen Rundfunks vor einem Auswärtsspiel bei Unterhaching? Dort hieß es gleich zu Beginn des Berichtes: „Union ist ein echter Problemverein.“ Oder es kommt eben die Frage, von der ich weiter oben geschrieben habe. Mit diesem Punkt dürfte Dirk Zingler viel öfter konfrontiert werden als wir. Wenn er im Gespräch ist mit Leuten, die er für ein Engagement für den Verein gewinnen will. Mit Sponsoren beispielsweise. Mit Verbandsfunktionären vielleicht auch. Jeder Exil-Unioner dürfte wissen, welche Missionsarbeit immer noch zu leisten ist.

Union will in die Köpfe

Das war der positive Effekt der Wohnzimmer-WM, die Union weltweit in die Medien gebracht hat. Das ist der positive Effekt des Weihnachtssingens. Und das ist auch ein Aspekt, der wichtig ist, wenn wir über die Notunterkunft für Flüchtlinge im Fanhaus sprechen. Union handelt selbst und es wird nicht über Union als Problem berichtet. Noch einmal: Wir wissen das. Es sollten aber auch alle anderen wissen.

Genau in diesem Zusammenhang sehe ich das Doppel-Interview in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Dirk Zingler sagt, was der 1. FC Union ist und wir alle sollten das auch viel öfter sagen: „Wer zu Union gehen will, muss sich für eine Haltung entscheiden. Wer erfolgreichen Fußball will, geht zu den Bayern. Wer einen Verein mit Haltung will, geht zum 1. FC Union Berlin.“

Sollte der Artikel online sein, werde ich ihn noch verlinken.

1 Kommentar zu “„Wer zu Union will, muss sich für eine Haltung entscheiden“

  1. Ich nehme Union als den Verein wahr, wo mehrere Haltungen aufeinander treffen, nebeneinander existieren. Aus meiner Wahrnehmung fantastische und schlimmste. Irgendwie haltet ihr das aus (ich könnte das auf Dauer schwer).

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert