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Kino: Fla x Flu – 40 Minutos Antes do Nada

Flamengo gegen Fluminense oder kurz Fla-Flu ist das historische Duell der beiden bekanntesten Clubs aus Rio de Janeiro. Fla-Flu habe es schon 40 Minuten vor der Entstehung der Welt gegeben, lautet ein geflügeltes Wort, das sich die Anhänger beider Seiten zu eigen gemacht haben. Seit über 100 Jahren sind sie einander in inniger Feindschaft verbunden, und so kann man tatsächlich über mehrere Generationen hinweg Fans und Spieler dazu befragen, wie sie zueinander stehen.

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Die Dokumentation arbeitet denn auch überwiegend mit Interviews. Ehemalige Spieler wie Romario, Assis, Zico erzählen, wie sie die Spiele wahrgenommen haben. Fans erklären, warum es für sie nur dieser und nicht der andere Verein sein konnte. Die meisten gegen die besten Fans, heißt es da. „Flamengo ist groß, enorm, absolut. Egal was die anderen Vereine gewinnen, sie werden nie so groß sein.“ Dem setzt die andere Seite entgegen, es sei sehr schön, dass Flamengo in der Überzahl sei, denn das sind „Viele Feinde, die unseren Sieg sehen“. Flamengo gilt als laut, Fluminense als elegant. Bis zu diesem Punkt ist der Film lediglich die Abbildung einer alten Rivalität ohne überraschendes Moment. Man hasst sich „aus Gründen“, und es ist doch eher Zufall, ob man Flamengo oder Fluminense unterstützt.

Dann aber hatte Regisseur Renato Terra die Idee, die vermeintlichen Gegner miteinander zu konfrontieren. Die Reaktionen könnten unterschiedlicher kaum ausfallen. „Que coisa“, sagt einer der älteren Fans – und danach gar nichts mehr. Von Gelächter bis Tränen, von „Schönes Trikot“ bis „Es dreht mir den Magen um“, von Schweigen bis Anektdotenerzählen löst dieser Trick des Filmemachers alle denkbaren Reaktionen aus. Ab diesem Augenblick vermittelt der Film tatsächlich eine Ahnung davon, was Fla-Flu ausmacht.

Es ist der zweite Film aus dem Themenschwerpunkt Brasilien, den ich bei 11mm gesehen habe. Es ist zugleich der zweite, bei dem mir auffiel, welches Gewicht dort die Meinungen von Fans haben, wieviel Zeit ihnen in den Filmen eingeräumt wird – im Verhältnis kaum weniger als den Spielern. Es ist eine andere Perspektive als die, die ich aus der täglichen Berichterstattung gewohnt bin, aus der sich sowohl Futebol total als auch Fla x Flu dem Fußball nähern. Fans sind hier nicht das winkende Hintergrundelement, sondern der Motor. Sie sind der Grund, warum Fußball veranstaltet wird. Deshalb zählen ihre Stimmen. Ich mag das.